Durchfall und Kotwasser
Durchfall und Kotwasser…
Da sich im Moment bei mir die verzweifelten Hilferufe von Pferdebesitzern häufen, dass ihr Pferd an Kotwasser leidet und es schwierig ist, es dieses Jahr in den Griff zu kriegen, möchte ich heute über die Verdauung der Pferde und die Verdauungsstörungen schreiben.
Die Pferde gehören zu den Pflanzenfressern mit „einhöligem“ Magen, im Gegensatz zu Rindern, deren mehrhöliger Magen als „Gärkammer“ dient, um dort schon viele Nahrungsbestandteile zu zersetzen. Der Pferdemagen kann ca. 15 Liter Futter aufnehmen, ist aber trotzdem anatomisch auf das stetige Aufnehmen kleiner Futtermengen eingestellt. Pferde müssen ihr aufgenommenes Futter gut kauen und einspeicheln, bevor es abgeschluckt werden kann und in den Magen gelangt. Dort wird es intensiv mit Magensaft vermischt, was eine pH Wert Senkung des Futterbreis zur Folge hat. Diese Ansäuerung ist notwendig, um Mikroorganismen zu reduzieren, die sonst mit in den Dünndarm gelangen und dort Fehlgärungen auslösen können.
Und hier im Magen beginnt schon die unterschiedliche Verwertung von Rauh- und Kraftfutter: während das Kraftfutter (rohfaserarm und gehaltvoll) den Magen schnell füllt und dort einen pappigen Brei bildet, den die Magensäure nicht gut durchdringen kann, füllt das Rauhfutter (rohfaserreich und nährstoffarm) den Magen langsam und wird, weil durchlässiger, besser mit Magensäure durchdrungen. Da das Kraftfutter meistens aus leicht abbaubaren Kohlenhydraten besteht, können diese schon im Magen in Energie umgewandelt werden. Abbauprodukte dieser Umwandlung sind zb. Ammoniak, Milchsäure, Kohlendioxid und Wasserstoff. Grade Milchsäure ist eine starke Säure und somit hat eine hohe Kraftfuttergabe eine starke Milchsäurebildung zur Folge, die zu einer Übersäuerung des Magens führen kann. Bei einer Übersäuerung können die Kohlenhydrate nicht mehr aufgespalten werden und die Verdauung funktioniert nicht mehr richtig.
Der angesäuerte Futterbei gelangt dann in den Dünndarm, wo enzymatisch Stärke, Fette und Proteine zersetzt werden und die notwendigen Vitamine, Mineralien und Spurenelemente über die Darmschleimhäute aufgenommen werden. Die bis dahin unverdaulichen Teile wie Zellulose werden anschließend im Dickdarm aufgeschlossen. Die Mikroorganismen, die im Dünndarm zu Störungen führen, sind im Dickdarm angesiedelt und haben eine wichtige Funktion: Sie zersetzen unter Gasbildung die Zellulose der Rohfaser und machen so die darin enthaltenen Vitamine für das Pferd nutzbar. Als letzter Schritt wird dem Verdauungprodukt Wasser entzogen und der Rest als Pferdeäppel ausgeschieden.
Wenn nun ein oder mehrere Schritte der Verdauung gestört sind, kann es zu Kotwasser, schlechter Futterverwertung oder Durchfall kommen.
Häufige Faktoren, die Störungen hervorrufen sind:
- Parasiten
- Biogene Amine (Stoffwechselprodukte der Fermentation, zb. Bei Silage oder Heulage)
- Verunreinigtes Futter: Belastungen mit Schimmel, Bakterien, Hefen oder Milben führen zu Verdauungsstörungen
- Übersäuerung durch unausgewogene Futterrationen
- Leberprobleme haben oft Durchfall oder Kotwasser zur Folge und jetzt im Winter „entgiftet“ der Körper vermehrt, was zur Überlastung von Leber und Niere führen kann
- Darmentzündungen als Hinweis auf Autoimmunreaktionen, Entgleisung des Immunsystems
- Zinkmangel, welcher für sich gesehen schon Kotwasser auslösen kann
- Vermehrte Sandaufnahme auf dem Paddock bei Fütterung vom Boden oder Knibbeln von kurzem Gras
Zur Bekämpfung von Durchfall und Kotwasser ist Hauptaugenmerk auf die Fütterung zu legen, vorrausgesetzt ein Parasitenbefall ist ausgeschlossen.
Als aller erstes muss dementsprechend auf einwandfreies Heu als Nahrungsgrundlage geachtet werden, ohne Verschmutzungen, Schimmelsporen oder anderen Bakterien.
Zudem müssen die Entgiftungsorgane Leber und Niere gestärkt werden, damit „unerwünschte Stoffe“ schnell aus dem Körper geschleust werden können.
Da Leberentgiftung und Immunsystem eng verknüpft sind und sich ein großer Teil der Immunabwehr im Darm befindet, muss das Immunsystem gestärkt werden.
Wenn die Aufnahme von Sand als Ursache in Frage kommt, muss dieser aus dem Darm geschleust werden, um Sandkoliken zu vermeiden.
Auf eine ausreichende Zufuhr von Zink, Mangan und Kupfer ist ebenfalls zu achten, denn diese Stoffe sind maßgeblich an der Regeneration und Aufbau von Darmschleimhaut beteiligt.
Damit der Magen-Darm Trakt nicht übersäuert, sollte Kraftfutter und Öl in Maßen gegeben werden. Außerdem kann man zur Neutralisation der Darmflora basenbildende Mittel füttern.
Was bei alledem zu beachten ist, Regeneration der Magen- und Darmschleimhaut und eine Stabilisierung der Darmflora passiert nicht von heute auf morgen und ist meistens auch noch abhängig von dem allgemeinen Zustand des Pferdes, psychisch und körperlich.
Da dieses ein allgemein gehaltener Text ist und jedes Pferd individuell zu betrachten ist, schreibt mich bei Fragen zu eurer Problematik gerne an.