Zahngesundheit beim Pferd
Zahngesundheit beim Pferd
Wie ich oft bei meiner Arbeit feststelle, ein noch unterschätztes Thema!
Zwar haben schon viele Pferdebesitzer eingesehen, dass man öfter mal einen Blick ins Pferdemaul riskieren sollte, aber was für Folgen Zahnprobleme für den ganzen Organismus haben, wird oft unterschätzt.
Ein erwachsenes Pferd hat 36 bis 44 Zähne, aufgeteilt in sechs Schneidezähne (Incisivi), sechs vordere Backenzähne (Prämolare) und sechs hintere Backenzähne (Molare). Zwischen den Schneidezähnen und den Backenzähnen befindet sich eine große Lücke, dort können sich noch (meist bei männlichen Pferden) je ein Hengstzahn (Caninus)befinden. Diese liegen aber meistens so weit vorne, dass sie nicht ans Gebiss kommen. Die Hengstzähne sind nicht zu verwechseln mit den Wolfszähnen, welche manche Pferde zusätzlich haben können. Die 1 bis 4 kleinen Zähne sind evolutionäre Überbleibsel und liegen direkt vor den ersten Backenzähnen. Manchmal stecken sie auch noch im Zahnfleisch und sind gar nicht zu sehen. Da sie aber oft an der Stelle liegen, wo auch die Trense im Maul liegt, stören die kleinen Zähnchen häufig.
Die Milchzähne wechseln bei Pferden zwischen ca. 2,5 und 4,5 Jahren, in der Zeit können sich die Milchkappen (Milchzähne) zwischen anderen Zähnen einklemmen und so verhindern, dass der bleibende Zahn sich ungestört aus dem Zahnfleisch schieben kann. Es bilden sich oft die typischen „Beulen“ am Unterkiefer. Spätestens dann sollte man einen Menschen mit entsprechender Qualifikation (Dentist oder spezialisierter Tierarzt) zu Rate ziehen. Aber auch nach dem Zahnwechsel sind regelmäßige Zahnkontrollen Pflicht, und zwar aus mehreren Gründen:
- Pferdezähne wachsen bis ca 15 Jahre kontinuierlich in die Länge, jährlich 2-3mm.
- Der Oberkiefer der Pferde ist breiter als der Unterkiefer, das heißt, beim Abnutzen der Zähne während des Kauens können am Oberkiefer außen und am Unterkiefer innen scharfe Kanten entstehen
- In der heutigen Zeit werden die Pferde mit relativ strukturarmen und weichem Futter gefüttert, so dass der natürliche Abrieb der Zähne durchs Kauen teilweise sehr gering ist.
Das gilt für die Backenzähne, aber auch für die Schneidezähne. Denn in der freien Wildbahn sind Pferde darauf spezialisiert, hartes Steppengras abzubeißen und zu kauen, der Abrieb ist deutlich höher.
Der Pferdezahn besteht aus mehreren Schichten, das sind von außen nach innen der Zahnzement, Zahnschmelz, Zahnbein und in der Mitte die Zahnhöhle, wo sich Blutgefäße und Nerven befinden. Die Kaufläche weist das typische Wellenmuster auf, da sich die unterschiedlichen Zahnschichten unterschiedlich stark abreiben beim Kauen. Neben der Hakenbildung sind auch Zahnerkrankungen immer wieder ein Problem, zB Karies, Parodotitis (Entzündung des Zahnhalteapparats) und EORTH ( „Auflösen“ der Wurzeln der Schneidezähne)
Es gibt einige Hinweise, die auf Zahnprobleme hindeuten können:
- Unrittigkeit: Wehren gegen das Gebiss, Stellung und Längsbiegung sind erschwert, Kopfschlagen
- Abnehmen trotz guter Futteraufnahme, schlechter Allgemeinzustand
- Auffälligkeiten beim Fressen: Langsames Fressen, Futter fällt aus dem Maul beim Kauen, nicht normale Kopfhaltung beim Fressen, Schmatzen, Pellets oder hartes Futter kann gar nicht gekaut werden, übermäßiges Speicheln und nicht zuletzt „Röllchen kauen“
- Häufige Koliken oder Schlundverstopfungen
- In den Pferdeäpfeln findet man nicht gut zerkleinerte Futterbestandteile
- Häufiges Kopfschütteln oder Headshaking
- Muskelverspannungen, vor allem im Nacken- und Halsbereich, und Taktunreinheiten
Umso wichtiger ist es auch bei meiner Arbeit als Therapeutin, die Ursachen für Verspannungen, Rittigkeitsprobleme und Verhaltensauffälligkeiten zu suchen und nicht selten sind diese im Maul zu finden. Deswegen schaue ich immer bei meine Patienten ins Maul und prüfe die Kieferbeweglichkeit und die Kiefergelenke.